Die Geschichte der Radfahrervereine in Reinheim und Ueberau.

Im Februar 1980 wurde im Gasthaus Zum Ochsen in der Reinheimer Kirchstraße von 12 Männern und einer Frau der „Radsportclub Reinheim 1980“ gegründet. Die Initiative hierzu ging zweifelsohne von Ilario Marcon aus, der am 15. März 1956  als „1. Italiener“ nach Reinheim kam. Mitgebracht hatte er sein Rennrad und die Liebe zum Radsport.

1. Vorsitzender des RSC Reinheim wurde Ulli Becker aus Ueberau. Dieses Amt begleitete er sechs Jahre. Sein Nachfolger wurde Herbert Latscha ebenfalls aus Ueberau, der Verfasser dieser Zeilen.

Angeregt durch einen Hinweis von Fritz Fischer aus Reinheim, der ein umfangreiches Archiv über den Sport pflegt, ging der Verfasser der Frage nach, ob es auch schon in der Vergangenheit Radsportvereine in Reinheim gegeben hat.

Der erste schriftliche Beweis hierzu ist die Veröffentlichung der Einladung zur II. ordentlichen Generalversammlung des Radfahrer-Club Reinheim in der „Reinheimer Zeitung“ des Heinrich Knörzer. Diese Generalversammlung sollte am Dienstag, den 21. Okt. 1890 im „Darmstädter Hof“ stattfinden. Unterzeichnet war sie mit „All Heil“ Der Vorstand.

Leider wurden keine Namen genannt. In der ebenfalls veröffentlichten Tagesordnung findet man jedoch unter „3) Deutscher Radfahrerbund“.

Hierzu muss man wissen, dass bereits am 17.August 1884 in Leipzig der „Deutsche Radfahrer-Bund (DRB)“ gegründet wurde und, dass dieser Tagesordnungspunkt sicherlich zur Absicht hatte, diesem beizutreten, zumal in der Tagesordnung unter „4) Abänderung der Statuten“ aufgeführt ist.

Ob es dazu gekommen ist bzw. wie der weitere Werdegang dieses Vereins war, konnte leider nicht endgültig geklärt werden.

In späteren Jahren ist dann in Veröffentlichungen von einem Radfahrerverein „Schwalbe“ Reinheim-Ueberau zu lesen. So wurde im August 1897 ein erstes Schnitzelrennen abgehalten. Abfahrt war am Vereinslokal „Goldene Kette“ in der Pöllnitzstraße.

Ob es sich dabei um denselben Verein wie anno 1890 gehandelt hat, ist nicht sicher, aber wahrscheinlich. Die nächste Meldung erschien im Odenwälder Boten aus Groß Umstadt im Mai 1899.

Dort war zu lesen: „Reinheim. Der Radfahrerverein Schwalbe Reinheim-Ueberau beabsichtigt am 28. d. M. die Überreichung und Weihe der von den Damen des Vereins gestifteten Standarte festlich zu begehen und sind zu diesem Zwecke schon umfangreiche Vorkehrungen getroffen, welche den Festteilnehmern einige recht genussreiche Stunden in Aussicht stellen. Nach Vollziehung des Weiheaktes findet ein Preis-Corso durch die Straßen Reinheims und Ueberaus statt, hierauf gemüthliches Beisammen sein mit Concert und Preisverteilung nebst Festball in den geräumigen Lokalitäten des Gasthauses Zum Schwanen. Wir rufen dem jungen Verein, der sich in verhältnismäßig kurzer Zeit zu hoher Blüte emporgeschwungen hat ein herzliches All Heil zu“.

Da ist es wieder, dieses „All Heil“, wie in der Einladung von 1890, das darauf hinweist, dass es sich sowohl beim Radfahrer-Club als auch beim Verein Schwalbe um einen sogenannten „bürgerlichen Radfahrerverein“ handelte.

Es gab nämlich zur selben Zeit in Deutschland auch Arbeiter-Radfahrvereine, die sich 1896 in Offenbach zum „Arbeiter Rad- und Kraftfahrerbund Solidarität“ zusammengeschlossen hatten und deren Gruß „Frisch Auf“ lautete.

Auch in Reinheim gab es spätestens seit dem Ende des 1. Weltkrieges eine Ortsgruppe der Solidarität, wie Bilder und Dokumente beweisen. Die Solidarität veranstaltete 1926 ein Bezirksfest in Reinheim, die Ortsgruppe befand sich im Gau 18, dem 2.Bezirk und dort im Unterbezirk 3. Unterbezirkswart (Vorsitzender) war zu diesem Zeitpunkt K. Schmidt, wohnhaft in der Wilhelmstr. 8. Das Clublokal war das heute noch vorhandene Gasthaus „Zum Kühlen Grund“ in der Heinrichstraße, im Besitz von Philipp Spörl und es gab  29 Mitglieder. Zwei Jahre vorher waren es 20 Mitglieder und der Unterbezirkswart war Georg Coy, wohnhaft in der Bismarckstr. 9, der dann nach dem 2. Weltkrieg Bürgermeister in Reinheim wurde.

Die Solidarität in Reinheim wurde dann 1933, wie andere Vereine aus politischen Gründen aufgelöst. Dem Verfasser liegen hierüber Akten des Kreisamtes mit folgendem Text zur Verfügung: „ Betreffend: Auflösung der Arbeiter-Radfahrvereine „Solidarität“ (Marxistische Richtung). An die Gendarmerie des Kreises. Aufgrund der Verfügung des Herrn Staatskommissars für das Polizeiwesen vom 1933 sind die Arbeiter-Radfahrvereine des marxistischen Verbandes Solidarität aufzulösen. Wir beauftragen Sie, die erforderlichen Massnahmen sofort durchzuführen. Die Verordnung war in der Hess. Landeszeitung veröffentlicht und wird Ihnen bekannt sein. Vereinsvermögen ist sicherzustellen. Über die Durchführung ist uns zu berichten.“

Das war das Ende dieses Reinheimer Vereins. Was aus der bürgerlichen Variante, also dem Radfahrerverein Schwalbe wurde, konnte bis dato nicht geklärt werden. Leider konnten auch die hier veröffentlichten Bilder nicht genau datiert werden. Da jedoch einige der darauf befindlichen Personen durch Verwandte identifiziert werden konnten, kann davon ausgegangen werden, dass es zumindest in den 20iger Jahren des vorigen Jahrhunderts zwei Radfahrvereine in Reinheim und Ueberau gegeben hat, die dann erst mit der Gründung des RSC Reinheim im Jahre 1980 ihre Fortsetzung fanden.

 

Bild 1 und 2 können dem Verein „Solidarität“ zugeordnet werden.

Bild 3 bis 5 können dem Verein „Schwalbe“ zugeordnet werden.